Eröffnungspressekonferenz BOOT 2018

Aktuelle Trends im Bootsbereich

Bootfahren wird einfacher, sicherer und umweltfreundlicher

Werften, Motorenanbieter und Konstrukteure arbeiten an Systemen, die das Bootfahren und Segeln immer einfacher, sicherer und umweltfreundlicher machen. Die aktuellen Konzepte im Überblick.

PK BOOT 2018

PK BOOT 2018

Elektro- und Hybridantriebe: Zukunftsfähige Alternativen

Elektromotoren zeichnen sich durch einen geräuscharmen Lauf aus. Das ist durchaus ein Komfortgewinn und wird von vielen Bootseignern gerade bei Manövern in Häfen geschätzt. Mittlerweile stehen Elektroantriebe in den unterschiedlichsten Leistungsbereichen zur Verfügung. Im unteren Leistungsbereich werden sie zumeist außenbords als Flautenschieber für Segelyachten eingesetzt. Im höheren Leistungsbereich sorgen sie auf kleineren und mittleren Motoryachten für Vortrieb. Eingesetzt werden sie vorwiegend auf Gewässern, auf denen Boote mit Verbrennungsmotoren nicht zugelassen sind (z.B. auf vielen bayerischen und österreichischen Seen) oder auf Gewässern, bei denen die Reichweite keine besondere Rolle spielt. Beispielsweise weil der Heimathafen immer in erreichbarer Entfernung bleibt.

Die Batteriekapazitäten begrenzen die Reichweite und deshalb ist stets auf den Ladezustand der Akkus zu achten. Anders als mit dem PKW kann man mit einem Boot bei leeren Batterien nicht einfach rechts ranfahren und auf Hilfe hoffen. Schon aus Sicherheitsgründen muss daher auf ausreichende Reserven geachtet werden.

Zwar bietet sich neben dem herkömmlichen Wiederaufladen von Batterien aus der Steckdose am Steg, als Alternative die photovoltaische Nutzung von Tageslicht und Sonnenschein durch Solarzellen an. Doch auf Booten ist der Platz begrenzt und reicht üblicherweise lediglich für Solarzellen, mit denen man die Verbraucherbatterien für das Licht an Bord oder den Betrieb von Radios nachladen kann.

Mit einem Hybridantrieb als zukunftsträchtige Alternative zu den etablierten Benzin- und Dieselmotoren, wie ihn immer mehr Werften anbieten, bleibt man da schon eher auf der sicheren Seite. Bei niedrigem Ladungszustand der Batterien lässt sich einfach von Elektroantrieb auf konventionellen Antrieb umschalten. So lassen sich die Vorteile von beiden Antriebswelten nutzen: Abgas- und geräuschemissionsfreie Fahrt in Zonen mit hohem Schutzniveau und sichere Fahrt mit genügend Reserven bei ausgedehnten Törns.

Motorboote mit Hybridantrieb sind auf der boot 2018 beispielsweise bei Bavaria Yacht zu sehen.

 

Höherer Fahrkomfort, mehr Geschwindigkeit, geringerer Verbrauch: Neue Rumpfkonzepte machen es möglich

Beim von Norwegern entwickelten Air Supported Vessel blasen über eine Hydraulikpumpe angetriebene Zentrifugalventilatoren Luft unter den Rumpf und erzeugen ein Luftkissen, das den Rumpf aus dem Wasser hebt. Statt flexiblen Gummischürzen wie man das von den Hovercrafts kennt, hält die Rumpfform das Luftkissen vorn und zu den beiden Seiten, nach achtern eine bewegliche Klappe. Bei geschlossener Heckklappe wird das Boot um gut 50 cm waagerecht in die Höhe gehoben. Nach Einkuppeln der Motoren kann man dann direkt im Gleitmodus starten, ohne erst den Wasserberg zu überwinden, für den weitaus mehr PS und Verbrauch erforderlich wären. Testfahrten haben gezeigt, dass der Rumpf eines Air Supported Vessel für die gleichen Fahrleistungen wie mit einem herkömmlichen Rumpf mit der Hälfte der Motorenleistung auskommt. Oder bestens geeignet ist für den Antrieb mit Elektromotoren. Wie die mit E-Motoren angetriebene, 46 km/h schnelle ASV-Fähre namens Airiel, die kürzlich ihren Dienst in Norwegen aufnahm.

Auch mit dem Air Step der französischen Bénéteau-Werft genügt eine geringere Motorenleistung, um die gleichen Geschwindigkeitswerte zu erreichen wie ein herkömmlicher Rumpf. Die Werft stattet 17 ihrer 28 Motorboot-Modelle bereits mit dem Air Step Rumpf der zweiten Generation aus, 5 von ihnen sind auf der boot 2018 in Düsseldorf zu sehen. Die basiert auf einem speziell geformten Rumpf mit vier Strömungstunneln zwischen den Rails (Führungsschienen) auf den ersten Zweidritteln der Rumpflänge. Während der Fahrt strömt automatisch Fahrtwind in die Tunnel, der dann unter dem letzten Drittel des Rumpfes ein Luftkissen erzeugt und den Rumpf anhebt. So werden die Reibung und der Wasserwiderstand reduziert, ein weicherer und schnellerer Übergang in die Gleitfahrt erreicht.

Ebenso setzt die spanische Werft Quer auf Luft für komfortableres Bootfahren. Die richtige Mischung aus fülligem Bug, Rails, Strömungstunneln und Rumpfstufen ergeben das Quer Eco Fast-System. Dessen Geheimnis liegt in der Anordnung der Rails als Führungsschienen und den Strömungstunneln im voluminösen, gerundeten Bugbereich, um dort für reichlich Auftrieb zu sorgen und zugleich Luftblasen erzeugen. Die setzen sich während der Fahrt als eine Art Luftkissen unter den dreistufigen Rumpf und lassen ihn weich schweben. Das Ergebnis: ein weich und trocken laufender Rumpf.

PK BOOT 2018

PK BOOT 2018

In Schweden realisierte man mit dem Dynamic Petestep einen Rumpf, der mehr Spray abweist als konventionelle Rümpfe. Deflektoren sorgen für eine Bündelung des Spritzwassers unter dem Rumpf, werfen es verstärkt am Heck und in nur einem geringen Teil seitlich aus. Der Rumpf läuft weicher und zudem soll der Verbrauch um 25 % geringer sein als mit einem herkömmlichen Gleitrumpf.

Mit als Foils bezeichneten Tragflächen wurden anfangs Hi-Speed Segelyachten für Regatten versehen. Als wohl prominenteste Segler rasten jüngst Pierre Casiraghi, Sohn der monegassischen Prinzessin Caroline und der deutsche Hochsee-Regattasegler Boris Herrmann mit der mit Foils ausgestatteten Malizia beim Rolex Fastnet Race mit 55 km/h entlang der englischen Südküste bis in die Irische See. Foils basieren auf dem Prinzip der Tragflächenboote, die die Boote ab einer bestimmten Geschwindigkeit aus dem Wasser heben und dann auf Kufen gleiten lassen. Ähnlich den Tragflächenbooten, die beispielsweise bereits seit vielen Jahren von Piräus zu Inseln im Saronischen Golf verkehren. Nur, dass sich die Kufen jetzt auch seitlich am Rumpf einholen lassen – wenn man eben nicht so schnell über das Wasser rasen sondern auf herkömmliche Art und Weise durch das Wasser segeln oder fahren möchte.

Entwickelt fürs Hi-Speed Segeln erobern Foils nunmehr auch den Markt der in Serie gefertigten Segelyachten für Normal-Segler. Die erste dieser Gattung stellt die französische Bénéteau-Werft auf der boot 2018 vor, die 9,75 m lange Figaro 3.

Hydros Innovation aus der Schweiz entwickelte mit Cornelius Kistler und der in Dubai ansässigen Enata Gruppe ein 12,50 m langes foilendes Motorboot, das ein Spitzentempo von über 80 km/h erreichen soll, wobei bei 33 bis 37 km/h von der Gleit- in die Foilphase übergegangen wird. Die Baunummer 1 soll im April 2018 abgeliefert werden.

SeAir aus der Bretagne konzipierte Foils für ein Zodiac RIB – ein Schlauchboot mit festem GFK-Rumpf. Das foilende RIB soll bei 37 km/h 30 % weniger verbrauchen als ein nicht foilendes Boot vom gleichen Typ und mit 80 km/h Höchsttempo um 13 km/h schneller sein. Es wird aber auch dreimal so teuer wie normal. Gedacht ist es als Spielzeug für Superyachten, militärische und Rettungszwecke sowie als Begleitboot für Segelschulen, deren schnelle Segelboote oft den langsameren Begleitbooten bei Regatten davon segeln.

Die niederländische Werft DNA Holland Composites entwickelte mit dem automatischen Foil Control System eine Art Notbremse für ihren Foiling Segelkatamaran G4, damit der bei der schnellen Jagd über das Wasser und plötzlichem Windwechsel nicht kopfüber geht. Ein Sensor erkennt abhängig von Neigung des Bootes, Bootsgeschwindigkeit, Rollwinkel und Krängungwinkel den G-Punkt, bei dem zu viele Kräfte auf den Rumpf wirken und ihn zum Kentern bringen können. In dem Fall werden Großschot und Traveller gelöst, die Foils eingezogen, um das Boot so schnell wie möglich mit den Rümpfen in das Wasser zu bringen.

 

Slide Out: Mehr Platz im Cockpit

Das erste Motorboot mit variabler Cockpitbreite war die Wider 42‘ der Pershing Werft. Als Vorbild diente das Motorhome des Pershing-Kunden und italienischen Rennfahrers Valentino Rossi, das sich auf die fast doppelte Breite ausfahren lässt. Die Wider 42‘ vereint ein 3,50 m breites Kajütboot mit einem Mehrzwecktender. Innerhalb von 12 Sekunden fahren auf Tastendruck mittschiffs gleichzeitig hydraulisch bis unter die Wasserlinie ausleger-ähnliche Auftriebskörper für die Stabilisierung und darüber das Schanzkleid mitsamt Cockpitbodenerweiterung dank eines raffinierten Klappmechanismus aus dem Rumpf aus. Zu einer oder zu beiden Seiten und das insgesamt bringt die Wider 42‘ dann auf bis zu 6,60 m Breite.

Bei der 16,80 m langen Anvera 55‘ S ist der Platzgewinn nach dem Abklappen nicht ganz so gewaltig wie bei der Wider 42‘.  Hier ging es eher darum, den hinteren Cockpitbereich zu einer 20 m² großen, tanzbodenähnlichen Fläche fast auf Seewasserniveau zu formen. Der einem RIB ähnelnde, leichtgewichtige Bau aus Carbon trägt zu beiden Seiten einen Schlauchkragen. Nach Abklappen des Schanzkleides im Erweiterungsbereich mit den außen anliegenden Schläuchen erweitert sich das Cockpit von 5,06 auf 5,65 m. Die lose stehenden Lounge-Sessel haben einen Doppelnutzen: Im Cockpit lassen sie sich auf dem Teakboden fest verzurren, entzurrt kann man sie im Wasser als Schwimmsessel nutzen und so ganz bequem im Sitzen baden.

Auf dem 13,12 m langen Motorboot Evo 43‘ lässt sich das Cockpit beim Liegen vor Anker um 40 % auf beachtliche 25 qm erweitern, wächst die Breite auf Tastendruck innerhalb von 30 Sekunden von 4,52 auf 6,31 m. Dafür falten sich die zusätzlichen Bodenpartien hydraulisch aus den Innenseiten der Schanzkleider zu beiden Seiten.

Als erster Motorsegler kommt die 5,99 m lange Nuva MS6 mit einem ausschiebbaren Rumpf daher. Mit 2,45 m Normalbreite ist er noch problemlos über die Straßen trailerbar. Beim Ankern lassen sich für mehr Platz im Cockpit im hinteren Bereich die Schanzkleider auf Tastendruck einzeln zu den Seiten ausschieben, so dass die Gesamtbreite dann auf 3,45 m wächst. Die Nähte zwischen dem eigentlichen Rumpf und den ausgeschobenen Elementen werden von einer Gummidichtung wasserdicht verschlossen.

 

Selbsttrimmende Riggs und Assistenzsysteme fürs Segelsetzen und –bergen machen Segelboote komfortable

Das französische Designbüro VPLP arbeitet derzeit an einem halbstarren, reffbaren Ocean Wings Flügelrigg, das sich vollautomatisch von selbst trimmt. Es besteht aus zwei rechteckigen Segelelementen mit Flügelprofil und flexiblen Kohlefaserrippen. Die beiden Elemente sind durch eine Lücke getrennt, sollen zusammen wie ein herkömmliches Hauptsegel gesetzt, gerefft und niedergeholt werden. Sie sind um den freistehenden Carbon-Mast drehbar, so dass das Drehen, Einrasten und sogar das Rückwärts-Segeln möglich ist. So funktioniert es: ein PC wertet die Winddaten (Stärke, Richtung, Einfallswinkel) aus und stellt die Weichen für den Automatikmodus, der die Segel in die richtige Position stellt.

Schon serienmäßig zu haben ist der Assisted Sail Trim, ein Assistenzsystem, das die zur Bénéteau Gruppe zählende Jeanneau-Werft aus Frankreich und der US-amerikanische Winschenhersteller Harken entwickelt haben. Zum System gehört ein Rechner, der die Winddaten (Stärke, Richtung), Kurs und Geschwindigkeit verarbeitet und damit anstelle üblicher Winschen mit Handkurbeln drei elektrische Rewind-Winschen bedient. Diese Winschen holen die Leinen nicht nur dicht, sondern fieren sie auch im gegenläufigen Betrieb. Handarbeit ist nicht mehr nötig. Eine Konsole am Steuerstand dient als Fernbedienung, auf der sich Funktionen wie Autotrimm und seine Reaktionsfreudigkeit in fünf Stufen per Tastendruck aktivieren lassen. Das System ist so programmiert, dass es sich bei mehr als Windstärke sechs deaktiviert. Aktivieren lässt sich die Funktion Heel Limiter zur Begrenzung des Kränkungswinkels. In dem Fall wird die Großschot geöffnet, damit sich die Yacht wieder aufrichtet.

 

Automatische Steuerung: Punktgenau zum Ziel

Motorbootfahrer und Segler wissen Autopiloten, GPS und Navis zu schätzen, wenn sie auf dem freien Wasser größere Distanzen zurücklegen und sich dabei entspannt zurücklehnen wollen. Nach der Eingabe der Wegpunkte (Positionen, an denen der Kurs zu wechseln ist) steuert der Autopilot das Boot automatisch von Punkt zu Punkt. Ein Anti-Kollisionsalarm passt auf, dass es bei Annäherung an andere Schiffe nicht zu einem Crash kommt. Beim Glascockpit-System, von Volvo Penta und Garmin konzipiert, wird bei angeschlossenem Sonar sogar rechtzeitig vor Unterwasserhindernissen gewarnt.

 

Einparkhilfe und Automatische Positionierung erleichtern das Dirigieren

Joysticksteuerungen, die nahezu alle Motorenhersteller anbieten, traversieren Motorboote bei langsamer Fahrt und entsprechenden Antriebssystemen wie von Geisterhand geführt in alle Richtungen, wobei je nach am Joystick gewählter Fahrtrichtung die Maschinen und Querstrahlruder aktiviert werden. Interessant bei dem Joystick von Volvo Penta für IPS-Antriebe ist die integrierte Funktion der automatischen Positionierung. Auf Tastendruck halten die Motoren das Boot an der jeweiligen Position, eliminieren seitliche Winde und Abdrift. Das ist vor allem beim Warten vor Schleusen, Brücken oder Tankstellen vorteilhaft. Aber nicht für einen Zwischenstopp zum Baden: Denn die Motoren laufen, die Propeller können sich drehen.

Für Segelyachten hat die französische Jeanneau-Werft ein Joystick-System mit der Bezeichnung 360-Grad-Dockingsystem entwickelt. Das steuert einen Saildrive-Antrieb und ein Bugstrahlruder an.

 

Mehr Sicherheit bei schnellen Kurvenfahrten

Das Interceptor-System von Humphree aus Schweden trägt zur Steigerung von Sicherheit und Komfort an Bord bei. Es ist ein vollelektronisches System mit hochleistungsfähigen Servosteuerungen. Die Trimmflossen, die fallbeilähnlich zu beiden Seiten am Heck nach unten ausfahren, erzeugen Auftriebs- und Widerstandskräfte, die von einer zentralen Steuereinheit mit GPS und Winkelgradmesser (Klinometer) je nach Aktion in Bewegungen des Bootes in alle drei Achsen umgesetzt werden. Dies ermöglicht den Bootstrimm in jede gewünschte Lage und auch zum Ausgleichen von Seitenwind. Da ein so ausgestattetes Boot in Kurven die Krängung besser ausgleicht, erhöhen sich Sichtweite und Sichtbereich.

 

Ship Control regelt viele Funktionen von einem Platz aus, Naviop sogar per iPhone aus der Ferne

Von einem Navigationsbildschirm diverser Hersteller am Steuerstand oder über Tablets von überall an Bord aus ermöglicht das Ship Control System der französischen Bénéteau-Werft den Zugriff auf zahlreiche Funktionen und deren Bedienung. So lassen sich regeln: Beleuchtung, Klimaanlage, HiFi-Anlage, Stromquellen, Lenzpumpen und Navigations-seiten. Auch der Ladezustand der Batterien, die Pegelstände der Flüssigkeiten sowie die Motoranzeigen können aufgerufen werden. Die deutsche Bavaria-Werft erprobt derzeit ein ähnliches Kontrollsystem, dessen Komponenten Naviop aus Italien für Navico entwickelt hat und das sogar per iPhone funktioniert.